Gedanken zum Samstag, 25. April 2020
Wann werden wir wieder beisammen sein?
„Laurentia, liebe Laurentia mein! Wann werden wir wieder beisammen sein?“, habe ich als Kind gesungen und dann geschmettert: „Am Sooonntag!“
Ich erinnere mich daran, weil ich merke: Das Bedürfnis, sich wieder zu sehen, sich mit anderen zu treffen, wird stärker und stärker. In den Familien, unter Freunden und Bekannten, mit den Arbeitskollegen und Kolleginnen und ja, auch in der Gemeinde. Wir sind soziale Wesen und also wollen wir uns sehen, einander besuchen, miteinander feiern.
Es wird auch wieder soweit kommen. Die Frage ist nur: Wann? „Wann werden wir wieder beisammen?“
Tatsächlich gibt es Gespräche zwischen Bund und Land, der Evangelischen Kirche in Deutschland und der deutschen Bischofskonferenz über die Frage, wann und wie Gottesdienste mit Teilnehmenden wieder gefeiert werden können. Kommende Woche sollen Ergebnisse vorliegen. Bis dahin möchte ich, dass Sie Folgendes wissen:
In unserer badischen Landeskirche wird intensiv und kontrovers diskutiert über die Frage, wann und in welcher Form in unseren Kirchen wieder Gottesdienste gehalten werden dürfen. Während die einen – besonders im Blick auf die sogenannte Kerngemeinde – möglichst bald wieder zu öffentlichen Gottesdiensten einladen wollen, plädieren die anderen dafür, noch zu warten, freiwilligen Verzicht zu üben und die Zeit zu nutzen, geeignete Formen zu finden.
Was meine Haltung anbelangt, sollen Sie wissen:
Als der Staat die Versammlungsfreiheit für die Kirchen aufgehoben hat, war ich erschrocken. Später habe ich Ihnen geschrieben: „Bis auf Weiteres finden in unseren Kirchen keine Gottesdienste statt. Diese Maßnahme dient dem Schutz des Lebens und der Würde des Sterbens. Abstand zu halten ist in diesen Tagen ein Gebot der Nächstenliebe. Deswegen nehmen wir klaglos, ja befürwortend, hin, was unter anderen Umständen ganz inakzeptabel wäre, nämlich die partielle Einschränkung der Freiheit der Religionsausübung in unserem Land.“
Diese Haltung halte ich immer noch für richtig, auch wenn der Staat seine gesetzlichen Vorgaben ändert. Gerade dann muss sich meiner Meinung nach bewähren, dass wir als Kirche und Gemeinden auch ohne gesetzliche Vorgaben in der Lage sind, das Gemeinwohl über mögliche eigene Interessen zu stellen.
Aus Gesprächen mit politischen Vertretern habe ich die klare Botschaft mitgenommen: Auch sehr gut durchdachte Vorschläge für partielle Lockerungen der Versammlungsfreiheit werden im Augenblick noch abgelehnt. Es hängt alles an der Versammlungsverordnung. Ein Vorpreschen bzw. Drängeln der Kirche hilft da meiner Meinung nach nicht.
Und was diejenigen angeht, die den regelmäßigen, vielleicht sogar wöchentlichen Gottesdienstbesuch schmerzlich vermissen, so sollen Sie wissen: Ich verstehe Sie. Die real erlebte Gemeinschaft ist nicht zu ersetzen. Gleichzeitig denke ich: Je gefestigter ein Mensch im Glauben ist, desto eher ist er in der Lage, den inneren Faden zu Gott nicht abreißen zu lassen und sogar eine lange Weile auf sich selbst gestellt zu überdauern. Wobei: So allein sind wir ja nicht. Zum Glück gibt es ja auch noch Angebote in Radio, Fernsehen und im Internet. Und dann gibt es ja auch noch Bücher.
Von daher bitte ich Sie: Haben Sie Geduld! Lassen Sie diejenigen, die Verantwortung tragen, nachdenken und Formen finden, die für uns alle gut und vertretbar sind.
Und vielleicht, vielleicht sehen wir uns dann draußen wieder. Hier oder dort, unterm freien Himmel. Um dann zu singen: Nein, nicht „Laurentia“, sondern: „Geh aus, mein Herz und suche Freud.“
Pfarrerin Eva Böhme